Absägen ohne abwägen?
Von Lucia Hargaßer, Aus dem Trostberger Tagblatt:
Der Stadtrat hat gut daran getan, über ein so sensibles Thema wie die Fällung von Bäumen nicht auf die Schnelle zu entscheiden. Wenn große, Ortsbild prägende Bäume – und solche sind die Platanen an der Heinrich-Braun-Straße zweifellos – gefällt und durch junge Bäume ersetzt werden, ist das ein erheblicher, öffentlichkeitswirksamer Eingriff. Nicht zu vergleichen etwa mit dem Austausch von Straßenlaternen im Zuge der LED-Umstellung, den der Stadtrat auch absegnen muss. Tausende von Schülern und Eltern, viele vhs- und Musikschüler, Lehrer und Kirchgänger sind täglich auf der Heinrich-Braun-Straße unterwegs. Das Verschwinden der grünen Riesen würde nicht jeder emotionslos hinnehmen.
Es sei dahingestellt, wie vernünftig die Entscheidung, die Bäume zu ersetzen, aus ökologischer und ökonomischer Sicht sein mag – sie muss ordentlich abgewägt werden. Nicht umsonst ist in der Geschäftsordnung, die sich die Stadt selbst gegeben hat, festgelegt, dass Anträge, die in einer Sitzung behandelt werden sollen, am besten mindestens eine Woche vor der Sitzung schriftlich zu stellen und ausreichend zu begründen sind. In Ausnahmefällen soll der Stadtrat darüber entscheiden, ob während der Sitzung als dringend gestellte Anträge zur Abstimmung gebracht oder zurückgestellt werden.
Für eine gründliche Abwägung der Argumente hätte der Stadtrat genügend Zeit gehabt – vor der Vergabe der Aufträge für die Umgestaltung der Heinrich-Braun-Straße und vor allem vor Baubeginn. Jetzt ist es kurz vor zwölf. Zudem regelt das Bundesnaturschutzgesetz die Fäll- und Schnittzeiten für Bäume und Alleen an Straßen; der Schutzzeitraum dauert von 1. März bis 30. September.
Natürlich ist es erlaubt, bereits entschiedene Maßnahmen zu überdenken und abgesegnete Pläne zu verändern. Einen Beschluss aus dem Stegreif zu erzwingen und die Diskussion darüber auch noch abzuwürgen, wie es Hannspeter Fenis beantragt hat, ist aber nicht der richtige Weg, um mit dem emotionalen Thema umzugehen.