Müssen sich Staat und Behörden nicht an geltendes Recht halten?
Wieso kann sich ein Bauamt über einen gültigen Gerichtsbeschluss hinweg setzen?
Wie kann es sein, dass die Bundesrepublik Deutschland Privatgrund enteignet, ohne dafür Ausgleich zu leisten?
Der Umweltschutzverband hat sich über Jahre hinweg für den Schutz der Natur und des Naturidylls am Auberg eingesetzt.
Ein überaus wichtiger Punkt war die Errichtung einer Fledermaus-Leitstruktur am Tunnel-Nordportal.
Diese Struktur soll die Fledermäuse vom Ferkehrsstrom weg lenken.
Bereits im September 2020 hatte der Umweltschutzverband auf die gerichtliche Vereinbarung hingewiesen und Hr. Bauamtsleiter Rehm darauf aufmerksam gemacht, dass man davon ausgeht, dass ein möglicher Tunnel-Testbetrieb oder gar eine Verkehrsfreigabe des Tunnels erst nach Umsetzung dieser Maßnahme erfolgen darf.
Schlussendlich hat das Bauamt ungeachtet der gerichtlichen Vereinbarung den Tunnel-Probebetrieb als auch die Tunnelfreigabe erteilt, ohne die Vereinbarung einzuhalten.
Daraufhin hat der UVA die Sachlage von 2 unabhängigen Anwälten prüfen lassen.
Ergebnis: Die Tunneleröffnung war und ist rechtswidrig.
Was soll der UVA tun?
Ein gerichtliches Verfahren wird etwa 1 bis 1,5 Jahre dauern. Sodass dieser Weg keine wirkliche Alternative darstellt.
Also haben wir uns am 16. April 2021 mit einem Schreiben an Hr. Bundespräsident Steinmeier gewandt und ihm unsere Situation geschildert.
Schreiben an Hr. Bundespräsident Steinmeier:
Hat sich ein rechtsstaatliches Parallelsystem bei Staat und Behörden etabliert?
Sehr geehrter Hr. Bundespräsident Steinmeier,
wir sind ein Umweltschutzverein mit ca. 500 Mitgliedern, steuerlich als gemeinnütziger Verein anerkannt, im nördlichen Chiemgau beheimatet und erhoffen uns von Ihnen einen Hinweis zu bekommen, wie wir in Zukunft mit der Situation umgehen sollen, da sich in den letzten Jahren augenscheinlich für die Bundesrepublik Deutschland, sowie deren Behörden ein rechtsstaatliches Parallelsystem entwickelt hat.
In diesem System hat sich, nach unserem Eindruck und unseren jüngsten Erfahrungen, die Enteignung von Privatgrundstücken ohne Entschädigungsleistung für die Betroffenen, sowie keine Bindungsverpflichtung von Behörden an gerichtlich getroffene Vergleichsurteile oder Rechtslagen zum Standard entwickelt.
Zur Untermauerung unseres Eindrucks möchten wir Ihnen unsere konkreten Erfahrungen im Rahmen des Bauprojekts „Aubergtunnel, Altenmarkt“ vortragen und Sie bitten, uns darüber zu informieren, wie wir mit dieser Rechtssituation aktuell und zukünftig umgehen sollen.
Da wir der Meinung sind, dass diese Thematik keinen uns allein betreffenden Einzelfall darstellt, geht dieses Schreiben an diverse Presseorgane, sowie den VGH München.
Hierfür bitten wir ausdrücklich um Ihr Verständnis.
Der Umweltschutzverband Alztal u. Umgebung e. V. hatte das Bauprojekt „Aubergtunnel“, in 83352 Altenmarkt, beklagt und die Sache letztendlich vor dem Verwaltungsgerichtshof im Jahr 2016 mit einem Vergleich abgeschlossen. (A 8 15.40016, VGH, 21.09.2016)
Für den Schutz der nahegelegenen Fledermauspopulation in der Stadtkirche Trostberg, mit EU-weitem Schutzrechtsstatus, sowie zum Schutz einer sehr seltenen Wimpernfledermaus-Population wurde im Rahmen des getroffenen Vergleichs eine Schutzbepflanzung am nördlichen Tunnelportal vereinbart. Die Umsetzung sollte zusammen mit weiteren Schutzmaßnahmen zu erfolgen, bevor der Tunnel in Betrieb genommen wird.
Überdies wurde das Bauamt Traunstein laut Planfeststellungsbeschluss dazu verpflichtet, dass die Verkehrsfreigabe des Tunnels erst nach Umsetzung aller Maßnahmen, erfolgen darf. (Planfeststellungsbeschluss: Aktenzeichen: 32-4354.2-B299/B304-001, Punkt 3.3.9)
Am 21.09.2020 haben wir die Bauamtsleitung per FAX darauf aufmerksam gemacht, dass wir davon ausgehen, dass die gerichtlich vereinbarten Schutzmaßnahmen vor einem möglichen Probebetrieb und vor Verkehrsfreigabe vollumfänglich umgesetzt werden; wie dies im Gerichtsvergleich beschlossen wurde.
Nichtsdestotrotz wurde vom Bauamt Traunstein im November 2020 der Tunnel für den Verkehr frei gegeben. Die Pflanzmaßnahme wurde bis heute nicht durchgeführt, laufende Informationen konnten wir der Presse entnehmen.
Als wir das Bauamt diesbezüglich kontaktierten wurde uns mitgeteilt, man müsse erst die Baustelle räumen und werde die rechtlich auferlegten Maßnahmen dann im März 2021 nachholen.
Im Dezember 2020 erfuhren wir dann nur über die Presse entnehmen, dass die erwähnten Baucontainer zum Impfzentrum umfunktioniert werden sollen.
Nun wurde uns auf Nachfrage vom Bauamt Traunstein mitgeteilt, dass die vereinbarten Pflanzmaßnahmen nicht umgesetzt werden sollen, solange die Container benötigt werden. Einer Einstellung des Tunnelbetriebs zum Schutz der Fledermäuse werde man nicht nachkommen denn das Bauamt fühlte sich nicht an den Beschluss nicht gebunden.
Nach Rücksprache mit unserem Anwalt versicherte uns dieser, dass die Freigabe des Tunnels erst erfolgen darf, wenn die vereinbarte Pflanzmaßnahme umgesetzt ist. Das Amt reizt die Situation aus und provoziert hier einen neuen Rechtsstreit, wohl wissend dass dieser dem UVA viel Geld kosten würde, während die Anwälte der Ämter ihr Gehalt und die Kosten von Rechtsstreitigkeiten über den Steuerzahler finanzieren. Hätten wir die Machenschaften des Bauamts geahnt, hätten wir dies bei Gericht zur Sprache gebracht und einer Fledermaus-Schutzbepflanzung nicht zugestimmt, wir hätten dann in der nächsten Instanz geklagt.
Dies ist für uns besonders bitter, denn durch die fehlende Schutzbepflanzung sterben vermutlich über die Sommermonate ein Großteil der Fledermäuse durch den Verkehr. Zudem wird die Population durch die Zerstörung des weit und breit wichtigsten Nahrungshabitats sowieso schon stark dezimiert. Das Artensterben wird somit billigend in Kauf genommen!
Weiterhin wurden am 21.09.2016 durch die Bundesrepublik Deutschland zwei Grundstücke unserer Mitglieder, im Rahmen des Tunnelbaus, annektiert, ohne diese bis Dato zu entschädigen, oder einer gerichtlichen Entscheidung über die Enteignung herbeizuführen. So wurden seit der Inanspruchnahme, trotz mehreren anwaltlichen Anmahnungen nur zwei Anhörungen durchgeführt, in welcher sich herausstellte, dass die Unterlagen von der zuständigen Richterin nicht an den beauftragten Gutachter weitergeleitet wurden. Massive Fehleinschätzungen des Gutachters sind die Folge. Wir fragen uns, wie es sein kann, dass sich die Bundesrepublik Deutschland am Grund der Bürger, nach freier Wahl bedient, ohne diese in angemessener Art zu entschädigen und überdies das Verfahren über Jahre hinweg nicht weiterzuverfolgen gedenkt! Dadurch entsteht für die Betroffenen nicht nur finanzieller, sondern auch psychischer Schaden. Wie tief hier der Glaube an Staatsgerechtigkeit geschädigt ist, können Sie sich sicher vorstellen.
Die Grundeigentümer möchten darauf hinweisen, dass sich die Ämter zu keinen Zeitpunkt um eine ehrliche Einigung bemüht haben, obwohl von deren Seite kein Einwand zum Tunnelprojekt bestand. Hier werden Fehler und Versäumnisse seitens der Behörden einfach vertuscht und die Eigentümer von vornherein mit der Drohung der Enteignung unter Druck gesetzt.
Hier sei angemerkt, dass wir die Einbindung unseres Umweltvereins bei Genehmigungsverfahren seitens Politik und Behörden als mangelhaft betrachten. Die Erfahrung der Grundeigentümer können wir bestätigen.
Aktuell steht der nächste Bauabschnitt 2 der Baumaßnahme Ortsumfahrung Altenmarkt an.
Für uns stellt sich die Frage, wie wir nun mit der Situation umgehen sollen.
Ein Gerichtsurteil ist augenscheinlich für das Bauamt Traunstein nicht bindend, wie uns unmissverständlich durch die Ignorierung des gerichtlichen Vergleichs verdeutlicht wird. (A 8 15.40016, VGH, 21.09.2016)
Da im nächsten Bauabschnitt, direkt im Frischlufteinzugsgebiet der Stadt Trostberg, das Alztal gequert werden soll und hierbei an den Talhängen 2 Höhenunterschiede von je ca. 55m zu überwinden sind, erwarten wir massive Lärm- und Emissionsprobleme. Diese Belastungen werden sich zu den bereits vorhandenen Industrieemissionen addieren.
Wir gehen davon aus, dass sich die Schadstoffbelastung in der Stadt Trostberg dadurch verdoppeln und eine großflächige Verlärmung der südlichen Wohngebiete eintreten wird!
Um uns ein Bild von der kommenden Situation zu machen, benötigen wir hin und wieder Daten-Informationen vom Landratsamt.
In der Vergangenheit wurden vom Amt bei Akteneinsicht stets 2 Beamte abgestellt, um genau zu beobachten, dass wir keine Fotos von den Unterlagen anfertigen.
Seit einiger Zeit erhalten wir Unterlagen nur noch gegen Bezahlung.
Rechtsgrundlage: Umweltinformationsgesetz.
Oder die Unterlagen werden nicht herausgegeben – eine Akteneinsicht wurde uns trotzdem verwehrt.
Aktueller Fall: Die vom Emissionswerte der Industriebetriebe werden vom Landratsamt seit über 2 Jahren nicht heraus gegeben. Eine Akteneinsicht wird verweigert, weil man angeblich 100.000 Seiten an Akten schwärzen müsse. Man verweist uns beim Amt auf den Rechtsweg. (AZ4.41-1701-180003/_Sch-2019) Auf den Kosten bleibt unser Verein dann sitzen.
Oder beispielsweise wurde uns für die Zusendung einer kleinen PDF-Datei, welche bereits dem Amt vorlag, ein Betrag von 35,54€ in Rechnung gestellt. (Staatsoberkasse, 5380.8100.1476 / 246). Kopien oder Erstellung eines PDF-Dokuments werden beim Amt für uns von einem Beamten in der Position eines Oberregierungsrats (A14) erledigt. (Rechnung, Az: P-43542-B304) Wir fragen uns, wieso im Bauamt nur ein Oberregierungsrat die nötige Qualifikation hat, ein Kopiergerät zu bedienen. Oder geht es mehr darum, einen möglichst hohen Stundensatz zu verrechnen und damit den finanziellen Schaden für unseren Umweltverein soweit wie möglich in die Höhe zu treiben?
Da wir noch nie von öffentlicher Hand Unterstützungsgelder angenommen haben und uns ausschließlich durch Mitgliedsbeiträge und Spenden finanzieren, finden wir es skandalös, wenn unser Verein von den Beamten, welche schließlich schon von unseren Steuergeldern bezahlt werden, überdies noch finanziell ausgezehrt wird.
Dass wir ehrenamtlich jährlich hunderte Stunden für den Umweltschutz, Pflege der Wanderwege, Baumpflanzungen, Nahversorgungsprojekte für die örtliche Bevölkerung und vieles mehr leisten, ist ein Nebeneffekt den man gerne hinnimmt und gleichwohl das ehrenamtliche Engagement unseres Vereins lobt.
Wenn es aber darum geht, Information für Projekte herauszugeben, bei welchen wir anderer Ansicht als das Landratsamt sind, ist den Beamten jedes Mittel recht.
Für Ihre Auskünfte zu unseren Fragen bedanken wir uns jetzt schon recht herzlich!
a) Wieso muss sich das Bauamt nicht an einen den gerichtlich getroffenen Vergleich halten?
b) Woher nimmt sich der Staat das Recht, Grundstücke zu annektieren, ohne den betroffenen Eigentümern über Jahre hinweg den Schaden auszugleichen oder ein Rechtsurteil zu sprechen?
c) Wie können wir uns davor schützen, dass uns überhöhte Rechnungen für Kopien oder e-mails vom Landratsamt verrechnet werden? Wieso müssen wir einen Oberregierungsrat zur Anfertigung von Kopien bezahlen? Welche Qualifikation ist hier zwingend notwendig?
d) Was empfehlen Sie uns für das Vorgehen beim Bauabschnitt 2, Ortsumfahrung Altenmarkt?
Sollen wir im Bedarfsfall wieder den gerichtlichen Weg, mit enormem Kostenaufwand beschreiten?
Wenn ja, wie können wir sicherstellen, dass von den Behörden ein gerichtlich getroffener Vergleich eingehalten dann auch wirklich eingehalten wird?
In der Anlage 2 Bilder von der Tunnel-Baumaßnahme.
a) Bild vor der Maßnahme – das weithin im Alztal wichtigste Nahrungshabitat der Fledermäuse, so wie es früher war.
b) Bild vor der Maßnahme, wie die Fledermäuse ihr bestes Nahrungshabitat im Frühjahr 2021, nach ihrem Winterschlaf, vorfinden werden.
Wir sind der Überzeugung , dass sich für die Tiere die Nahrungssituation erheblich verschlechtert hat obgleich im angrenzenden Wald, vom Bauamt Täfelchen mit Fledermauszeichen an die Bäume genagelt wurden.
Wir bedanken uns recht herzlich für Ihre Unterstützung!
Mit freundlichen Grüßen