Flächennutzungsplan Seeon mit Genehmigung neuer Kiesgruben

Unsere Meinungen und Argumente finden Sie im nachfolgenden Artikel.

Bild UVA, 21.03.2021

1.Die Planung ist nicht an die Ziele der Raumordnung angepasst (§ 1 Abs. 4 BauGB):
Der rechtsverbindliche Regionalplan Südostoberbayern weist 2.500 ha Fläche als
Vorrang- und Vorbehaltsgebiete für den Kiesabbau aus
und legt fest, dass der
Kiesabbau hierauf konzentriert werden soll (B V 6.2 Z R18). Eine sachgerechte
Begründung, warum die Gemeinde mit der jetzigen Konzentrationszonen-Ausweisung von dieser Regel abweicht, liegt nicht vor. Da der Flächennutzungsplan
ohne die Möglichkeit einer gemeindlichen Abwägung an die verbindlichen Ziele
der Raumordnung und Landesplanung anzupassen ist (§ 1 Abs. 4 BauGB), ist die
Planung unzulässig.

Bild UVA, 21.03.2021

2. Die Planung widerspricht den Grundsätzen der Nachhaltigkeit und des Umweltschutzes sowie einer sparsamen Inanspruchnahme des Bodens und der Bodenschätze (vgl. § 1 und 1 a BauGB, 5.2 LEP, B V 6 RP18):
Da der regionale und überregionale Kies-Bedarf bereits durch die im Regionalplan
ausgewiesenen Vorrang- und Vorbehaltsgebiete gedeckt ist, führt die zusätzliche
gemeindliche Ausweisung weiterer Kiesabbauflächen zu einer unnötigen Bodeninanspruchnahme und Naturschädigung. Die Planung ist nicht bedarfsgerecht, da
es einen über den regionalen Bedarf hinausgehenden örtlichen Bedarf logischerweise nicht geben kann.


3. Die Planung verfehlt ihre Ziele und ist nicht rechtssicher:
• Generell kann die Gemeinde den Kiesabbau nicht auf den örtlichen Bedarf
beschränken. Dieses Planungsziel wird bereits durch den vorliegenden Kiesabbau-Antrag in der Konzentrationszone Niereiter Feld durchkreuzt, wo der
Kies für eine Asphaltanlage in Nußdorf sowie in den Landkreisen Traunstein
und Rosenheim verwendet werden soll. Er könnte aber z.B. auch an den
Betriebs-Hauptsitz des Antragstellers in Österreich transportiert werden.
• Die in den Zielsetzungen angestrebte Nicht-Inanspruchnahme von Wald wird
missachtet durch die jetzt in die Planung aufgenommene Erschließung der
Konzentrationsfläche Niereiter Feld auf 1 km Länge durch Wald.
• Auch die beabsichtigte Regelung des mit dem Kiesabbau verbundenen LkwVerkehrs wird verfehlt. In der jetzigen Planfassung ist zwar der entstehende
Fahrverkehr bemessen. Dabei sind aber die erforderlichen Leerfahrten zur bzw.
von der Abbaufläche nicht berücksichtigt. Somit sind statt der angegebenen
46 arbeitstäglichen Lkw-Fahren doppelt so viele Fahrten anzusetzen. Zudem
wird nicht untersucht, ob die durch den Zusatzverkehr auf der Kreisstraße TS 31
und auf den Ortsdurchfahrten Seeon, Truchtlaching und Rabenden entstehenden Zusatzbelastungen verträglich sind.
Da die Planung gegen verbindliche Ziele der Raumordnung verstößt und ihre
eigenen Ziele verfehlt, ist sie nicht rechtssicher und leicht angreifbar.

4. Die gewählten Flächen eignen sich nicht als Konzentrationszonen:
• Das Niereiter Feld ist ein ökologisch schützenswerter Raum in einer Schmelzwasserrinne, deren Grundwasserleiter nicht untersucht wurde. Ob eine Gefährdung des neuen Trinkwasserbrunnens Hannslau der Stadt Trostberg zu besorgen
ist, bleibt unklar. Zudem ist die Verfügbarkeit mehr als zweifelhaft: von den drei
Eigentümern haben zwei eine Verkaufsbereitschaft verneint, aber nur in einem
Fall wurde der Antrag auf Herausnahme der Grundstücke stattgegeben. Die
Erschließung dieser Konzentrationszone auf 1 km Streckenlänge durch Wald
stellt ferner einen schweren Eingriff in Natur und Umwelt dar.
• Die Konzentrationszone Großfeld bei Steinrab ist ein weithin sichtbarer Eingriff in
das Landschaftsbild an der Zufahrt zum Erholungsort Seeon und gefährdet zudem die Bodendenkmale der Grabhügel und des mittelalterlichen Turmhügels.
Ferner scheint auch hier die Flächenverfügbarkeit zweifelhaft.

5. Die Planung führt nicht zu einer Lösung offenkundiger Planungsfragen:
• Die Planung verweist alle erforderlichen Regelungen zum abschnittsweisen
Kiesabbau, zur Wiedereingliederung der Fläche in die Landschaft, zu einer Verfüllung, zum Verfüllungsmaterial und zur Nachfolgenutzung auf das spätere
Abbau-Genehmigungsverfahren. Diese planerische Zurückhaltung ist nicht nur
unverständlich, sondern missachtet auch das Regelungserfordernis des § 1
Abs. 3 BauGB sowie des Regionalplans B V 6.3 und 6.4.
• Nicht geklärt wird ferner, wie der Eingriff in Natur und Landschaft ausgeglichen
werden soll (§§ 13 ff. BNatSchG). Zumindest in groben Zügen müsste diese
Frage im Flächennutzungsplan abgehandelt und entsprechende Flächen
bereitgestellt werden. Neben den 20 ha Eingriffs- wären entsprechende Ausgleichsflächen auszuweisen. Der jetzt vorliegende Kiesabbau-Antrag für eine
Teilfläche der Konzentrationszone Niereiter Feld sieht Ausgleichsmaßnahmen im
1 km entfernten Geotop Eglsee vor. Dieses undenkbare Vorhaben, mit dem ein
wertvolles Naturelement nachhaltig geschädigt würde, zeigt, dass es unerlässlich ist, Ausgleichsmaßnahmen hinsichtlich Art, Größe und Standort bereits
im Flächennutzungsplan vorzubereiten.
Zusammenfassung
Das eigentlich positive Ziel einer Lenkung, Begrenzung und Ordnung des Kiesabbaus
kann mittels der gemeindlichen Ausweisung zusätzlicher Kiesabbau-Konzentrationszonen im Flächennutzungsplan nicht erreicht werden, sondern wird stattdessen ins
Gegenteil verkehrt: Neben den im Regionalplan Südostoberbayern bereits bedarfsgerecht ausgewiesenen Kiesabbau-Vorrang- und Vorbehaltsflächen würden zusätzliche Flächen bereitgestellt, die zu weiteren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft sowie zu einem gesteigerten Schwerlast-Verkehrsaufkommen und zu einer Vergeudung unserer Bodenschätze führen.
Wir können deshalb nur empfehlen, die 48. Flächennutzungsplan-Änderung einzustellen.